Achtsamkeit,  Mentalfutter

Einfach mal Abschalten

„Und dann ist mir mitten in der Nacht eingefallen, ob ich diese E-Mail wohl gestern noch abgeschickt habe.“ Genau solche oder ähnliche Sätze bekomme ich oft in meinem Freundes- und Bekanntenkreis zu hören. Früher hatte ich dafür absolut kein Verständnis – ich gehöre nämlich zu denen, die nachts ziemlich gut abschalten können. Aber mittlerweile ist es mir auch schon das ein oder andere Mal passiert, dass ich mitten in der Nacht einen Gedanken dazu hatte, wie ich ein Problem lösen könnte. Außerdem habe ich manchmal das Gefühl, verlernt zu haben, wie man richtig abschaltet. Ich muss gestehen, dass ist meistens in solchen „Stoßzeiten“ im Studium der Fall, inmitten von der Arbeit und dem, was dann noch privat vor Weihnachten anfällt, vergisst man noch schneller wie man eigentlich abschaltet – mein Kopf sagt mir dann quasi im Dauermodus:

Bestimmt musst du doch noch irgendetwas erledigen! Es sind so viele Sachen um dich herum, vielleicht hast du etwas vergessen? Wenn es dir manchmal so geht, solltest du unbedingt weiterlesen!

Gerade im Herbst und Winter werden wir zum Glück mit dem ein oder anderen Sonntag konfrontiert, an dem wir endlich einmal Zeit für uns haben. Ich kenne viele Leute, die das gleiche Problem haben wie ich, und nicht so richtig „ruhig sitzen“ können.

Das ist aber nicht immer gesund. Es hat aber irgendwann auch dazu geführt, dass ich mir die Frage gestellt habe, wie ich diesem Problem aktiv entgegenwirken könnte. Wie immer geht es einmal darum, das Problem zu identifizieren.

Manchmal lauft es so: Wenn ich mal einen Sonntag frei habe, kann ich mich schwer hinsetzen und einfach mal nichts tun. Mein Kopf rattert im Dauermodus weiter in irgendeine Richtung.

Gut, das hätten wir also geklärt. In deinem Fall ist es vielleicht dein Körper, der ständig in Bewegung sein muss. Oder du hast eine Familie, die du ständig umsorgst und auch am Sonntag noch liebevoll umsorgen möchtest. Als erstes muss man also diesen Drang, diese Angst beseitigen, irgendetwas vergessen zu haben. In meinem Fall:

Irgendwann habe ich damit begonnen, mir jede einzelne und noch so kleine Aufgabe aufzuschreiben. Inklusive Deadlines. Ich kann also JEDERZEIT nachschauen, wann was fertig werden muss! So kann ich mich jederzeit davon überzeugen, dass tatsächlich gerade nichts fällig ist.

Bei jenen, die den Drang haben sich zu bewegen könnte es beispielsweise eine Trainingsaufzeichnung sein – du warst diese Woche bereits 5 Mal für zwei Stunden trainieren? Dann kannst du dich jetzt auch mal entspannt zurücklehnen. Und die Familienmenschen: deine ganze Familie ist gerade auf der Couch versammelt? Offensichtlich geht es allen gut? Wieso solltest du dann ausgerechnet jetzt aufstehen, um den Geschirrspüler einzuräumen und diesen Moment nicht einfach genießen? Bleib doch auch einfach einmal sitzen.

Als nächstes hast du dich davon überzeugt, dass du tatsächlich einmal die Chance dazu hättest, abzuschalten. Aber es klappt nicht. Du hast einen Drang, etwas zu tun, dem du gerade nicht so ganz widerstehen kannst. Ich habe hier ein paar Dinge zusammengefasst, die ich mache, um aktiv abzuschalten und mich einmal nicht mehr mit den Sachen zu beschäftigen, die mich zu bestimmten Tages- und Uhrzeiten schlicht weg nicht mehr aufhalten sollten:

1. Suche dir etwas, wo du eine ähnliche Arbeit machst, aber mach es für dich!

Du hast den Drang, das Haus ständig in Ordnung zu bringen, obwohl eigentlich alles aufgeräumt ist.  Wie wäre es einmal damit, deinen Kleiderschrank auszumisten. Das ist etwas für dich und  fühlt sich ein bisschen an wie shoppen. Du entdeckst Pullover und T-Shirts, an die du dich nicht mehr erinnern kannst. Und gleichzeitig tust du etwas, um deinem Drang nachzugeben. Und am Ende bist du glücklich, weil du auch etwas für dich getan hast. Als Sportler könntest du vielleicht einmal eine Einheit einlegen, in der es nicht nur um Leistung, sondern vor allem um den Spaß geht. Ich habe eben irgendwann damit begonnen, meine Gedanken aufzuschreiben – das Ergebnis seht ihr hier ja regelmäßig 😉

2. Überlege dir, bei welchen Dingen du tatsächlich abschalten kannst und bleib dran

Lass dir die Badewanne sein, setz dich an ein neues Buch oder schalt einfach eine Chill-Playlist auf Youtube ein. Oder eine Rock-Playlist die du zum letzten Mal mit 16 Jahren gehört hast.

Was könnte dir gerade helfen, von deinem Stress abzulassen?

Und dann heißt es dranbleiben – du darfst dich nicht nach den ersten drei Minuten der Relax Playlist selbst aufgeben und sagen: ich kann einfach gerade nicht abschalten! Ganz im Gegenteil, dann setz dich erst recht hin, schließe die Augen und konzentriere dich einmal ein paar Minuten nur auf dich. Oder tanze wie verrückt durch deine Wohnung. Glaub mir, irgendwann kommt der Punkt, an dem du plötzlich nicht mehr über die Dinge nachdenken musst, die dich sonst so beschäftigen.

3. Mach etwas, wofür du sonst nie Zeit hast

Das betrifft jetzt vor allem diese Sonntage, durch die wir gerade im Winter plötzlich so viel „Me-Time“ bekommen. Was wolltest du schon ewig einmal erledigen? Wir sind hier wieder ein bisschen bei diesem Kleiderschrank Thema. Vielleicht wolltest du aber auch schon seit langem einmal so richtig ausgiebig frühstücken. Oder deine ganze Wohnung ausmisten. Du kannst auch schon in die Zukunft schauen: was gibt es demnächst, was erledigt werden muss, aber viel Zeit in Anspruch nimmt?  Du wirst dich hinterher besser fühlen und du hast gleichzeitig was für die Zukunft getan.

4. Zwing dich dazu, die Dinge, an die du heute nicht denken willst, wegzupacken!

Ich beschreibe die Dinge, die ich zu erledigen habe, gerne als Päckchen, dass ich immer hinten mitschleife. An manchen Tagen verfolgt mich dieses Päckchen und wird immer schwerer und an anderen Tagen ist es wieder ganz weg.

An freien Tagen, an denen ich nicht abschalten kann, zwinge ich mich dazu, dieses Päckchen in eine Ecke zu stellen, wo ich es nicht sehe!

Wenn Gedanken hereingeflogen kommen, die dieses Päckchen betreffen, schicke ich sie zurück in die Ecke.

5. Sei egoistisch!

Der letzte Punkt fällt wirklich vielen ziemlich schwer. Und schon den Satz „sei egoistisch“ zu lesen wirkt für viele eben genau viel zu egoistisch! Einfach einmal etwas tun, worauf man selbst eben gerade Lust hat. Und es einfach machen, weil man es möchte. Viele, die gerne ihre Mitmenschen umsorgen, haben dann ein Problem damit, einfach mal etwas für sich selbst zu tun.

Trotz vollen Kühlschranks am Sonntag einmal Pizza bestellen? Warum nicht! Drei Staffeln von der neuen Serie hintereinander streamen? Warum nicht?! Den ganzen Tag im Bett bleiben? …. Ihr versteht mich schon!

Es gibt unzählige Möglichkeiten endlich einmal abzuschalten. Das Wichtigste dabei ist, dass man über den ersten Impuls hinaus geht, doch wieder etwas für die Firma oder für das Studium, Familie oder Freunde zu machen. Oder doch wieder ein Training einzubauen, dass uns die letzte Kraft raubt.

Wenn man das Gefühl hat, abschalten verlernt zu haben, muss man sich nur daran erinnern, wie es das letzte Mal war. Erinner dich an das Gefühl, dass du beim letzten Abschalten hattest. Und wer sich daran nicht erinnern kann, für den ist es umso wichtiger, sich wieder aktiv um dieses Gefühl zu kümmern. Käpmft es euch zurück!

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